Titelbild Stummfilme Charlie Chaplin

Geschichte des Kino-Sounds: So klang der Stummfilm

Wie klang das Kino eigentlich früher? Während wir heute dank Dolby Atmos umwerfenden Surround-Sound im Kinosaal genießen können, kamen in den ersten Kinos ganz andere Techniken zum Einsatz. Geht man zurück in der Geschichte des Kinos, stellt man fest, dass die ersten Filme Stummfilme waren. Wirklich stumm waren diese jedoch nicht. Wie klang eigentlich der Stummfilm?

Stummfilme: Die Geburtsstunde des Kinos

Die ersten Filme entstanden im späten 19. Jahrhundert. Sie bilden die Anfänge des bis heute beliebten Unterhaltungsmediums. Doch kann man sich die allerersten Filme keinesfalls als lange Spielfilme vorstellen, wie wir sie heute gewohnt sind. 1891 erfand Thomas Edison das Kinetoskop. Mit diesem Gerät konnten lediglich kurze Filmchen abgespielt werden.

Einen weiteren wegweisenden Schritt in der Geschichte des Kinos machten die Brüder Lumière in Frankreich. Sie entwickelten den Cinématographen, der sowohl das Aufnehmen, Abspielen und Kopieren von Filmmaterial ermöglichte – jedoch alles ohne Ton. Auch diese waren keine Spielfilme, sondern ganz alltägliche Szenen aus dem Leben der Menschen. Diese ersten Stummfilme wurden 1895 im Grand Café in Paris zum ersten Mal der Öffentlichkeit gezeigt.

Der Ton im Stummfilm

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Film mehr und mehr zu einem eigenständigen Medium. Stille herrschte in den ersten Kinos jedoch nie. Als Stummfilm wird ein Film definiert, bei dem die Tonspur nicht fest mit der Bildspur verbunden ist – der Ton also über einen separaten Weg produziert werden muss.

Lesetipp: Etwa 80 Prozent aller Stummfilme sind heute nicht mehr erhalten und die übrigen müssen häufig aufwendig restauriert werden. Wie das geht und warum das ein so komplexer Prozess ist, erklären wir in unserem Beitrag zum Welttag des audiovisuellen Erbes.

Musik und im Übrigen auch Sprache konnte im Stummfilm auf verschiedene Weise erzeugt werden. Dafür bediente man sich den Traditionen aus Theater- und Opernhäusern. So wurden Stummfilme von den verschiedensten Formen der Live-Musik begleitet. Auch Sprache konnte in Stummfilmen nicht mitaufgezeichnet werden. Bei komplexeren Handlungen kam man jedoch nicht immer ohne zusätzliche Erklärungen aus. Hierfür wurden Zwischentitel verwendet – Textelemente, die an bestimmten Stellen eingeblendet werden. Zudem gab es noch die Variante, dass ein Erzähler während der Vorführung die Geschehnisse auf der Leinwand kommentierte. In Japan wurden sogar Dialoge nachgesprochen. Diese Filmerzähler nannte man Benshi.

Stummfilm-Schauspieler Buster Keaton
Stummfilm-Schauspieler transportierten die Handlung durch ausdrucksstarke Mimik und Gestik.

Wie klang der Stummfilm?

Filme waren also niemals wirklich stumm. Aber wie muss man sich den Sound dieser frühen Kinovorstellungen nun genau vorstellen? Die musikalische Begleitung konnte von Aufführung zu Aufführung variieren und reichte von einer Klavierbegleitung bis hin zum Orchester.

Wie auch heute diente die Filmmusik dazu, die Geschehnisse auf der Leinwand zu untermalen und die dargestellten Gefühle zu verstärken. Zudem war das Publikum daran gewöhnt, dass es etwa bei einer Theateraufführung auch sogenannte Schauspielmusik gab. Eine vollkommen stumme Vorführung eines Filmes wäre für die Menschen irritierend gewesen. Zudem waren die ersten Filmprojektoren sehr laut und durch die Musik konnten diese Geräusche überdeckt werden.

Zur musikalischen Begleitung von Filmen gab es Musikkataloge, sogenannte Kinotheken (cue sheets), eine Sammlung von klassischer Musik, die nach ihrer Stimmung und dramatischen Wirkung auf das Publikum sortiert waren. Es kam aber auch vor, dass eine extra Filmmusik zur Begleitung eines Films komponiert wurde.

Musik im Stummfilm – Pianisten, Kinoorgeln und Orchester

Zunächst wurden Vorstellungen von Stummfilmen mit der Musik von Pianisten oder Solomusiker begleitet. Aber auch Kinoorgeln wurden im Kino eingesetzt. Die Kinoorgel sollte die Klangfarben eines großen Orchesters imitieren und besaß zusätzlich zu den Orgelpfeifen noch Schlagwerk, also Xylophon, Glockenspiel, Pauke und Trommeln sowie spezielle Effektregister, die Geräusche erzeugen konnten. Zu diesen Geräuschen gehörte Telefonklingeln, Donnergrollen und Hufgetrappel. Eine so ausgestattet Orgel muss im Kinosaal einen recht beeindruckenden Klang erzeugt haben.

Auch Kinoorchester sorgten für die Musik im Stummfilm. Um ein ganzes Orchester in einem Kinosaal unterzubringen, müssen diese eine entsprechende Größe haben. Daher war die orchestrale Begleitung von Filmen zunächst den großen Kinosälen in den Metropolen vorbehalten. Nach dem Ersten Weltkrieg nahm die Anzahl der Kinoorchester zu. Seit dieser Zeit wird auch vermehrt extra Filmmusik komponiert.

Dies heißt jedoch nicht, dass Filme an jedem Ort und in jedem Kino gleich klangen. Je nach Aufführungsort konnte sich die musikalische Begleitung durchaus unterscheiden. Ein Beispiel hierfür ist der Film Panzerkreuzer Potemkin von Sergei Eisenstein. Während dieser 1925 in Moskau noch mit verschiedenen klassischen Stücken begleitet wurde, komponierte Edmund Meisel 1926 für die deutsche Aufführung eine eigene Filmmusik. Durch die Veränderung der Filmmusik je nach Aufführungsort konnte ein Film leicht an den Geschmack des Publikums im jeweiligen Land angepasst werden. Zum deutschen Stummfilmklassiker Metropolis von 1927 gab es mehrere Orchesterfassungen, aber auch verschiedene Klavierauszüge.

Dass Filme bei jeder Aufführung gleich klingen, wurde erst mit dem Übergang zum Tonfilm möglich.

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So könnte ein Stummfilm geklungen haben: The Finishing Touch von Laurel & Hardy, 1928.

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Vom Stummfilm zum Tonfilm

Die Hochzeit der Stummfilme war in den 1920er Jahren. Die Studios Babelsberg genossen internationalen Ruhm, wurden aber bald von Hollywood überflügelt. Zu dieser Zeit stand der Tonfilm bereits in den Startlöchern. Dessen Durchbruch brachte der Film The Jazz Singer von Alan Crosland 1927. Dieser Film ist in einigen Passagen mittels Nadeltonverfahren vertont worden. Hierbei wurde eine Langspielplatte parallel zum Film abgespielt. Ein Verfahren, das sich später nicht durchsetzte.

Doch damit ist die Geschichte des Stummfilms keinesfalls zu Ende. Auch wenn sich der Tonfilm in der Breite durchsetzte, gab es immer noch Schauspieler und Regisseure, die den Stummfilm als künstlerisches Mittel schätzten. Einer von ihnen war Charlie Chaplin, der das Stummfilmformat ganz bewusst für seine pantomimischen Darstellungen nutzte.

Und auch heute noch sind Stummfilme nicht ganz verschwunden. Liebhaber dieser Filme können etwa im Babylon Berlin Stummfilme erleben. Ein weiteres Format, das zwar kein Stummfilm im eigentlichen Sinne ist, aber die Tradition des Kinoorchesters wieder aufgreift, sind Film in Concert-Veranstaltungen. Hierbei wird die Filmmusik live von einem Orchester gespielt.

Filmtipp: Aktuell läuft Babylon – Rausch der Ekstase im Kino. Das historische Drama von Damien Chazelle dreht sich um Hollywood in den 1920er und 1930er Jahren. Also genau die Zeit des Umbruchs vom Stummfilm zum Tonfilm.

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Lesetipp: Filmmusik berührt uns und kann die verschiedensten Gefühle wecken. Entdecke unsere Top 10 der besten Movie- und Seriensoundtracks.

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Zusammenfassung: Wie alles begann

  • Der Stummfilm war anders als der Name vermuten lässt niemals wirklich stumm.
  • Die musikalische Begleitung im Kinosaal erfolgte über Solomusiker, Kinoorgeln und Kinoorchester.
  • Es wurden zunächst vorhandene klassische Werke zur musikalischen Untermalung von Filmen genutzt. Später setzten sich eigens komponierte Werke durch.

Tipp: Wenn du dich für Filmgeschichte interessierst, solltest du Filmmuseen wie die Deutsche Kinemathek in Berlin besuchen. Dort kannst du die Historie des Mediums von 1895 bis heute entdecken.

Titelbild: geralt, Quelle: Pixabay.com. Lizenz: Pixabay License.

Bild 1: Perlinator, Quelle: Pixabay.com. Lizenz: Pixabay License.

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