Jetzt wird's nerdig: Wie Reverbs für die Magie in Songs sorgen

Im zweiten Teil von Let’s get nerdy geht es um ein Thema der Klangbearbeitung. Diesmal besprechen wir den der Meinung vieler nach schönsten Soundeffekt – der Reverb. Dieser Effekt verleiht Songs & Tracks mehr Magie und mehr “Gefühl“. Der Reverb ist wahrscheinlich der älteste und universellste Soundeffekt in der Musik. Komponisten wie Bach schrieben Musik, um die Akustik bestimmter Gebäude hervorzuheben. Bist du bereit für einen Platz am technischen Stammtisch? Los geht’s!

Was sind Reverbs?

Der Reverb, kurz für reverberation (Nachhall), ist einer der faszinierendsten und vielseitigsten Effekte in der Welt der Klangbearbeitung. Er simuliert das Echo und die Reflexionen, die entstehen, wenn Schallwellen mehrmals an Oberflächen in einer Umgebung abprallen, bevor sie schließlich abklingen. Stell dir einen Chor vor, der in einer alten, großen Kirche singt, und einen Chor, der in einem Klassenzimmer singt. Aufgrund des Raums und der Reflexionen in der alten, großen Kirche klingt der Gesang viel intensiver. Dieses Phänomen ist wichtig, um ein Gefühl von Raum und Tiefe in der Musik zu erzeugen. Von den warmen Klängen einer Kathedrale bis hin zur trockenen Atmosphäre eines kleinen Studios kann der Hall die Stimmung eines Liedes völlig verändern.

YouTube — So klingt ein Strymon Big Sky Reverb in verschiedenen Sound-Presets

Die Geschichte des Halls: von analog bis digital

Die Geschichte des Halls ist untrennbar mit der Entwicklung der Aufnahme- und Tontechnik verbunden. Vor dem Aufkommen des digitalen Halls wurden Aufnahmen oft in großen Sälen oder Kirchen gemacht, um natürlichen Hall einzufangen. In den 1950er Jahren begannen die Tontechniker jedoch, mit künstlichen Halleffekten zu experimentieren, indem sie Bandechos und Federverzögerungen (Federhall) verwendeten.

Mit dem Aufkommen der digitalen Signalverarbeitung in den 1970er und 1980er Jahren waren die Ingenieure in der Lage, wesentlich komplexere und vielseitigere Halleffekte zu erzeugen. Heute gibt es eine breite Palette von Hardware- und Software-Hallprozessoren, jeder mit seinen eigenen einzigartigen Funktionen und Anwendungen.

Hall in ikonischen Songs: von den Beatles bis Aphex Twin

Hall hat im Laufe der Jahre in unzähligen bekannten Songs eine zentrale Rolle gespielt. Eines der bemerkenswertesten Beispiele ist „Strawberry Fields Forever“ von den Beatles, wo die verträumte, ätherische Atmosphäre zum Teil auf den satten, psychedelischen Hall zurückzuführen ist, der über dem Stück schwebt.

Viele Elektronikkünstler verwenden Hall-Effekte, um ihrer Musik ein Gefühl von Räumlichkeit und Tiefe zu verleihen und eine Stimmung zu erzeugen, die zu ihrem jeweiligen Genre oder Stil passt. Hier sind einige elektronische Künstler, die für ihren Einsatz von Hall bekannt sind:

Aphex Twin: Richard D. James, besser bekannt als Aphex Twin, ist für seinen experimentellen Ansatz in der elektronischen Musik bekannt. Er setzt viel Hall ein, um seinen Tracks eine ätherische und manchmal surreale Atmosphäre zu verleihen.

Boards of Canada: Dieses schottische Duo ist bekannt für seine einzigartige Mischung aus Ambient, IDM und elektronischer Musik. Sie verwenden oft subtile Hall-Effekte, um eine warme und nostalgische Klanglandschaft zu schaffen, die an vergangene Zeiten erinnert.

Four Tet: Kieran Hebden, bekannt als Four Tet, ist für seinen genreübergreifenden Ansatz in der elektronischen Musik bekannt. Er verwendet häufig Hall, um seinen Tracks eine organische und vielschichtige Textur zu verleihen und mischt Elemente aus Folk, Jazz und Weltmusik mit elektronischen Beats.

Bonobo: Simon Green, bekannt als Bonobo, ist bekannt für seinen melodischen und atmosphärischen Ansatz in der elektronischen Musik. Er verwendet Hall, um seinen Tracks eine filmische Qualität zu verleihen und kombiniert organische und elektronische Elemente, um eine immersive Klanglandschaft zu schaffen.

Tycho: Scott Hansen, bekannt als Tycho, kreiert verträumte und atmosphärische elektronische Musik, die oft mit dem Genre „Downtempo“ oder „Chillwave“ in Verbindung gebracht wird. Er setzt viel Hall ein, um seinen Tracks ein Gefühl von Weite und Gelassenheit zu verleihen, und nimmt den Hörer mit auf eine Reise durch Klang und Gefühle.

Hardware oder Software?

Musikern und Toningenieuren stehen unzählige Möglichkeiten zur Verfügung, wenn es darum geht, Hall-Effekte zu ihren Tracks hinzuzufügen. Bei der Hardware gibt es Klassiker wie das Roland Space Echo (eine Kombination aus Delay und Federhall), Lexicon PCM70 und das Eventide H8000, die seit Jahrzehnten von Profis wegen ihrer unvergleichlichen Klangqualität und Vielseitigkeit geschätzt werden. Kompakte Pedale wie das Eventide Blackhole und das Strymon Big Sky sind heutzutage ebenfalls sehr erschwinglich. Für diejenigen, die digitale Lösungen bevorzugen, bieten Software-Plugins eine breite Palette von Optionen. Von Emulationen alter Hardware bis hin zu modernsten Algorithmen, die neue Dimensionen des Sounddesigns erschließen, ist die Auswahl schier endlos. Zu den beliebtesten Optionen gehören ValhallaRoom, FabFilter Pro-R und die Waves Abbey Road Reverb Plates.

Fazit: Ein warmer Schein über deinem Sound

Hall ist viel mehr als nur ein Effekt; er ist ein mächtiges Werkzeug, mit dem Musiker und Produzenten die emotionale Wirkung ihrer Musik verstärken können. Von den ausgedehnten Klanglandschaften der Ambient-Musik bis hin zu den intimen Atmosphären von Singer-Songwritern hat der Hall in fast jedem Genre und jeder Musikepoche seine Spuren hinterlassen. Egal, ob du dich für klassische Hardware oder moderne Software entscheidest, die Möglichkeiten für das Hinzufügen von Hall sind unzählig.