Was haben Prince, Lady Gaga, Mark Ronson, Marilyn Manson, Janelle Monae und Madonna gemeinsam? Auf den ersten Blick sicher wenig. Doch eines verbindet sie und andere Künstler sicher: ohne den Einfluss von David Bowie würden sie vielleicht gar keine Musiker sein oder ihre Musik könnte vielleicht anders klingen. Ohne Bowie, dem König des Post Modern Pop. Eine Erinnerung an einen Berliner im Herzen.
Fast 50 Jahre im kreativen Prozess der Selbsterfindung
Mit einer beispiellosen Karriere über fast fünf Jahrzehnte beeinflusste Bowie Generationen von Künstlern. Fast 50 Jahre lang im kreativen Prozess der Selbsterfindung. Damit reicht sein Einfluss auf die Musikszene zurück auf Bands, welche mittlerweile selbst zu Ikonen wurden. Darunter Legenden wie U2 oder The Smiths. Wenn es um Bowies Einfluss und Erbe geht, ist nicht nur seine musikalische Kreativität zu sehen, sondern auch der nahezu zwanghafte immer wiederkehrende Bruch mit der Musik und dem Image des bereits Geschaffenen. Musikalisch, aber auch thematisch und stilistisch, waren Bowie aktuelle Popstar-Konventionen ziemlich egal.
Meet Ziggy, the thin shape-shifting earthling who sold the world
David Bowie war der erste Musiker, der für seine unterschiedlichen Schaffensperioden ständig neue Figuren erfand, eine nach der anderen. Diese fiktiven Stars verkörperte er perfekt. Sie waren Teil seiner Kunst, aber genug entfernt von ihm selbst, um von einer der Gestalten gänzlich vereinnahmt zu werden. So entging er dem Schicksal etwa von Elvis oder auch den Beatles, welche in ihrer musikalischen Entwicklung immer wieder Probleme mit ihrem von außen herangetragenen Image hatten. Die Liste der fiktiven Bowie-Popstars ist entsprechend lang: Ziggy Stardust, Aladdin Sane, The Thin White Duke, The Man who Fell to Earth, The Earthling. Jede Figur hat ihren Anfang und ihr Ende. Der Song „Changes“ ist wohl Bowies Hommage an dieser Kunst der Veränderung.
In Bowies Kosmos spielte alles eine Rolle, was ihm interessant erschien
Durch seinen Weg, dem Zeitgeist stets einen Schritt voraus zu sein zu wollen, blieb Bowie frei von Erwartungen und schaffte es auch durch eine unfassbare musikalische Kreativität Jahr für Jahr, ja Jahrzehnt um Jahrzehnt, immer ein Trendsetter zu sein. Länger als fast jeder Künstler vor oder vermutlich nach ihm. Bowie experimentierte musikalisch wegweisend mit Genres wie Musicals und Doo-Wop. Er erfand ganze Genres. Nachdem er zusammen mit Marc Bolan den Glam-Rock-Stil der frühen 70er Jahre prägte, ist es auch heute noch schwer vorstellbar, wie er anschließend auch den gedankenversunkenen Cabaret-Pop beherrschte.
Durch sein Schaffen gab Bowie anderen Künstlern den Mut, musikalisch etwas zu wagen, ohne zu hinterfragen „Aber das ist Pop?“, „Aber ist das Rock?“ oder sogar „Aber bin das ich?“. Von futuristischen Weltraumreisen bis zur Travestie, in Bowies Kosmos spielte alles eine Rolle, was ihm interessant erschien. In seinen späteren Jahren, versuchte sich Bowie auch in neueren musikalischen Genres, etwa bei dem von Elektro und Drum-and-Bass inspirierten Album „Earthling“ aus dem Jahr 1997.
Das Album „Blackstar“ – mehr als ein Vermächtnis
Erst vor wenigen Tagen kam für Bowie-Fans die Überraschung mit dem Release von David Bowies neuesten – und wie wir nun wissen leider letztem – Album „Blackstar“. Dieses wurde fast unisono von Fans und Kritikern als seine beste Arbeit gelobt. Diese Anerkennung ist vielleicht noch wertvoller, wenn man bedenkt, dass die meisten Menschen keine Ahnung hatten, wie schwer erkrankt Bowie zu diesem Zeitpunkt war. Wenn man nun mit dem Wissen in das Album „Blackstar“ reinhört, scheint jeder Song in einem neuen Licht. Ein Vermächtnis für die Fans, vielleicht. Sein Kampf gegen den Krebs spielt in jedem Fall eine Rolle, da kann man sicher sein. In dem Song, „‚’Tis a Pity She Was a Whore,“ ist Bowie zu hören, wie er zu Beginn mit seinem Atem zu kämpfen scheint, aber dann füllt seine Stimme den Song mit einer unglaublichen Energie, welche die Freude über das Werk ausdrücken und für wenige Augenblicke den nahenden Tod verdrängen. Das Gefühl der Lebensfreunde muss auch er dabei gefühlt haben. Die Lyrik des Titeltracks „Blackstars“ bringen den Zuhörer einem Ausnahmekünstler näher
Something happened on the day he died
Spirit rose a metre and stepped aside
Somebody else took his place, and bravely cried
(I’m a blackstar, I’m a blackstar)
Doch das Album wirkt nicht morbid. Blackstar ist vielmehr ein lebensbejahendes Album. Es ist die Arbeit von jemandem, der die meiste Zeit seines Lebens damit verbrachte, Kreatives zu entwickeln. Konsequent bis zum Unvermeidlichen.
Wir bei Teufel teilen für immer mit David Bowie ein kleines Stück seines Wirkens. Denn im heutigen Teufel Raumfeld Flagshipstore war einst die Heimat des Clubs Linientreu, in dem Bowie während seiner Berliner Jahre oft gefeiert hat. Die Welt hat einen großen Künstler verloren. Spielen wir seine Lieder.
Aus dem englischsprachigen Teufelblog übersetzt von Tom mit freundlicher Genehmigung der Autorin.
Titelbild: von AVRO (Beeld En Geluid Wiki – Gallerie: Toppop 1974) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
Nic
12. Jan. 2016, 15:43
Toller Beitrag – danke dafür.