Die noch bis diesen Sonntag (23.4.) laufende Ausstellung zeigt einige der besten Schallplatten Cover von den Anfängen der Popkultur auf den beliebten Scheiben aus Plastik in den 50igern bis weit in die 1990er Jahre. Total Records erinnert mit den Albumcovern vor allem an ein haptisches Erlebnis, welches im Zeitalter des Streamings vielen fehlt – Musik zum Anfassen.
Albumkunst als einzigartiges visuelles Medium
Album Cover interpretierten in ihrer Geschichte nicht nur kunstvoll die Musik, welche buchstäblich in ihnen steckte, sie prägten ganze Epochen. Vom trippigen „Dark Side of the Moon“ (Pink Floyd) bis hin zur spielerischen Androgynie von Prince und Grace Jones in den 1980er Jahren wurden die Bilder zum Spiegel ihrer Generation.
Albumcover waren oft das Werk von Künstlern dieser Zeit, welche nicht selten so berühmt waren wie ihre musikalischen Kollegen. Das Bananen-Motiv von Andy Warhol auf dem Cover von Nico (Velvet Underground) ist vielleicht das beste Beispiel für diese Synergie. Das Cover schafft es bis in die heutige Zeit auffallend, absurd und seltsam zugleich zu provozieren.
Viele der Motive auf den Covern waren das State of the Art ihrer Zeit, manchmal unglaublich filigran dank sorgfältiger Scherenarbeit und toller Collage-Elemente. Es gab sogar 3-D-Effekte wie bei Led Zeppelins ‚“Physical Graffiti“ Album – und das alles ohne Photoshop. Andere Cover, wie etwa Roth & Rainers „Misch- und Trennkunst“ bestand aus üppigen Freihandzeichnungen. Gestaltet von ambitionierten Amateuren bis zum Kunstgenie komplimentiert das Cover stets perfekt die Musik in der Tonrille.
Der erste Kontakt im Plattenladen
Jenseits ihrer künstlerischen Verdienste hatten Album-Cover auch als Werbeträger eine nicht unerhebliche Bedeutung. Waren sie doch oft der erste Kontakt des Musikfans mit der Scheibe. Denn kein heute fast alltäglicher Musikdienst-Algorithmus hat im Jahre 1970 dem potentiellen Käufer die nächste Lieblingsband vorgeschlagen. Nein, es war das Cover, welches lockte und Interesse weckte. Für viele damalige Besucher im Plattenladen um die Ecke ein wahres Vergnügen. Und vielleicht auch ein Grund für die anhaltende Renaissance des Vinyls.
Einige Alben wie David Bowies „Heroes“ und Nina Hagens „Nina Hagen Band“ nutzten so mysteriös wirkende Motive, um eine sofort unvergessliche Verbindung zu schaffen. Andere schockierten und verschoben bewusst gesellschaftlichen Tabuthemen um die Aufmerksamkeit des Käufers zu erlangen und ihre Arbeit als Avantgarde zu etablieren.
Provokation und Schock
Ein Teil der Geschichte der Albumkunst ist das Spiel eines Künstlers mit der Gesellschaft in Bezug auf Provokation oder Schock. Ein solches Beispiel ist John Lennon und Yoko Onos gemeinsames Album „Unfinished Music No. 1: Two Virgins“ aus dem Jahre 1968. Es zeigte John und Yoko von vorn und hinten nackt, passend zu Vorder- und Rückseite des Albums. Infolgedessen war die Plattenfirma für den US-Markt gezwungen, eine braune Papiertüte zur Verfügung zu stellen, um das Album in den Geschäften zu bedecken, was das Interesse natürlich nur noch steigerte.
Manchmal war der gesellschaftliche Tabubruch auf dem Bild nicht ganz so offensichtlich. So wie das Originalbild für das Album „If You Can Believe Your Eyes and Ears“ von The Mama’s and the Papa’s: es durfte in Amerika in seiner ursprünglichen Form nicht veröffentlicht werden. Das Vergehen? Das Bild der voll bekleideten Bandmitglieder die spielerisch in einer Badewanne saßen zeigte – eine Toilette. Dies wurde zuerst mit Text bedeckt und dann aus späteren Versionen abgeschnitten.
Wegen der kulturellen Unterschiede in einzelnen Ländern war es damals durchaus nicht ungewöhnlich, dass das gleiche Album in verschiedenen Märkten andere Motive zeigte. Ein Beispiel? Ein Bild des legendären Fotografen Helmut Newton, welches ein männliches Geschlechtsorgan zeigte, war in Deutschland das Cover für das Scorpions-Album „Love at First Listen“. In den USA musste es aber ein zahmeres Bild sein. Beide Cover und noch andere dieser Art sind in der Ausstellung direkt zusammen zum Vergleich zu sehen.
Inspiration für Andere
So wie Künstler sich gegenseitig musikalisch beeinflusst haben, wurde auch Albumkunst zu einer Inspirationsquelle. Die imposantesten Cover wurden in anderen Werken kopiert oder zitiert. Mit ähnlicher Album-Kunst zeigten andere Bands und Sänger auch ihre Nähe zum ursprünglichen Künstler.
John Coltrane’s klassisches 1958-Album „Blue Train“ war eindeutig die Inspiration für Joni Mitchells 1971 Album „Blue“. Mitchells Entscheidung, den Stil der Coltrane-Albumkunst zu imitieren, schafft eine Verbindung zwischen den beiden Werken, die nicht offensichtlich scheint. Also Jazz mit Coltrane und Singer-Songwriter / Folk mit Mitchell. Mitchells spätere Jazzarbeit zeigt, dass Künstler wie Coltrane in der Tat immer eine Inspiration für sie waren.
Bild #1: Jean-Paul Goude, Grace Jones, Island Life, 1985 © Island Records
Bild #2: Iain Macmillan, The Beatles, Abbey Road, 1969 © Apple Records